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Jaroslaw Kaczynski: „… viel zu knauserig …“

WILD: Sehr geehrter Herr Kaczynski, wir fühlen uns geehrt, dass Sie unserer Einladung zu diesem Gespräch gefolgt sind.
Kaczynski: Für WILD habe ich doch immer Zeit.
WILD: Gut. Kommen wir also gleich zu Sache. Polen scheint auch mehr als dreißig Jahren nach der Wende ein innerlich gespaltenes Land zu sein. Wirtschaftlich lehnt es sich an den Westen an, kulturell hingegen weist es viele Ähnlichkeiten zu Russland auf.
Kaczynski: Sie meinen sicherlich unsere Ablehnung von Feminismus, Rechte für Homosexuelle und der freien Wahl des eigenen Geschlechts?
WILD: Ja. Eigentlich müsste Putin doch ihr natürlicher Partner sein. Stattdessen wollen Sie gegen ihn am liebsten in den Krieg ziehen.
Kaczynski: Tatsächlich orientiert sich meine Partei, die PiS, bei unserer Gesetzgebung für Polen an den Vorbildern aus dem Kreml. Vor allem, was die Verfolgung liberaler Aktivisten angeht. Ökonomisch aber können wir uns nicht an Russland anlehnen. Putin ist nämlich viel zu knauserig und würde uns anders als Brüssel keine Milliarden schenken.
WILD: Das leuchtet ein. Aber wäre es für Polen nicht besser, zwischen dem Westen und Russland zu lavieren und so für sich das Optimum herauszuholen?
Kaczynski: Eine solche Diversifizierung unserer auswärtigen Beziehungen wäre natürlich hochgradig im Interesse Polens. Allerdings steht da das polnische Volk dazwischen. Das glaubt nämlich immer noch, in Russland würde der Stalinismus herrschen. Und Putin wolle den auch in Polen einführen.
WILD: Ja aber . . . könnten Sie Ihrem Volk denn nicht beibringen, dass es sich bei Putin um einen stramm kapitalisischen Mafioso handelt? Quasi das russische Gegenstück zur PiS?
Kaczynski: Wo denken Sie hin? Solange die Menschen in meinem Land diese irrationalen Ängste haben, ist zwar der polnischen Außenpolitik nicht gedient, aber sie verschaffen mir Wählerstimmen. Und noch vor dem Wohl Polens zählt für mich die Sicherung meiner Macht.
WILD: Also doch kein so großer Patriot, wie Sie das immer vorgeben?
Kaczynski: Patrioten sind auch immer eigennützig. Denken Sie an den Balkan. Dort haben Milosevic, Tudjman und Co. ihre jeweilige nationale Sache vertreten und sich dabei kräftig bereichert. Das haben Konservative so halt an sich.
WILD: Herr Kaczynski, vielen Dank für dieses Gespräch.

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