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Thomas Tuchel: „… Erfolg, Erfolg, Erfolg …“

WILD: Sehr geehrter Herr Tuchel, vielen Dank dafür, dass Sie sich unseren Fragen stellen.
Tuchel: Gerne. Sie möchten sicher, dass ich aus dem Nähkästchen plaudere?
WILD: Genau. Wir wollen, dass Sie Tacheles reden!
Tuchel: Das werde ich ganz sicher tun, denn Tacheles ist mein zweiter Vorname. Thomas Tacheles Tuchel. WILD: Herr Tuchel, Sie sind ja zum FC Bayern gegangen, als dieser bereits Zerfallserscheinungen zeigte. Wir fragen uns, warum?
Tuchel: Das Arbeitsamt hat mich gezwungen. Die meinten, ich sei Fußballtrainer und solle mich auf eine freie Stelle in München bewerben. Sonst hätten Sie mir die Bezüge gestrichen.
WILD: Das ist natürlich ein guter Grund. Und typisch für das Jobcenter, jemanden ins Unglück zu stürzen.
Tuchel: Ja. Dafür habe ich Einblicke erhalten, die sonst niemand bekommen kann. Zum Beispiel kenne ich die Antwort auf die Frage, weshalb die Bayern jedes Jahr, also wirklich jedes Jahr, Deutscher Meister werden wollen.
WILD: Erzählen Sie . . .
Tuchel: Die Antwort lautet Selbstwertstabilisation. Die Spieler des FC Bayern sind fast durchweg bei der elterlichen Wertschätzung zu Kurz gekommen und versuchen dies nun durch Erfolg, Erfolg und nochmals Erfolg zu kompensieren.
WILD: Aber die haben doch in den letzten Jahren so viele Titel gewonnen. Langsam müsste die doch merken, dass sie fußballerisch was auf dem Kasten haben.
Tuchel: Ja, aber Erfolg ist wie Koks. Er macht nur für kurze Zeit glücklich und danach spürt man die psychische Leere umso mehr. Und man muss wieder gewinnen.
WILD: Was meinen Sie, lacht sich Oli Kahn jetzt ins Fäustchen?
Tuchel: Sicher. Mit ihm ist der FC Bayern ja noch deutscher Meister geworden. Das ist diese Saison ja nicht mehr drin.
WILD: Gewiss, aber die deutsche Meisterschaft 2022/23 hat Borussia Dortmund ja eher verspielt als dass der FC Bayern sie gewonnen hat.
Tuchel: Ja, da haben Sie Recht. Das hätte für Harry Kane ein Warnsignal sein müssen. Dennoch ist er zu den Bayern gewechselt. Er wollte endlich einmal einen Profi-Titel gewinnen und der Klub erschien ihm als sichere Bank.
WILD: Und jetzt war´s nur die Vize-Meisterschaft . . .
Tuchel: Exakt.
WILD: Steht dem FC Bayern jetzt ein Umbruch bevor?
Tuchel: Natürlich. Und hinter den Kulissen beginnt jetzt das Hauen und Stechen. Jeder will seinen Posten verteidigen und beschuldigt andere, für die Krise des Vereins verantwortlich zu sein. Selbst Uli Hoeneß als Ehrenpräsident steht zur Disposition. Deshalb keift er momentan gegen mich aus.
WILD: Sie meinen, weil er sie als schlechten Trainer kritisiert hat?
Tuchel: Ja. Ich meine, natürlich entwickele ich nicht junge Spieler sondern kaufe vorhandene Stars teuer ein. Aber das ist die Philosophie beim FC Bayern. Die kaufen doch die anderen Bundesliga-Klubs die besten Spieler weg. Was soll also die Hoeneß-Kritik an mir?
WILD: Herr Tuchel, wir sehen, Sie haben Wort gehalten und kein Blatt vor den Mund genommen. Daher Danken wir Ihnen vielmals für dieses Gespräch und wünschen Ihnen alles erdenklich Gute für ihre weitere Trainerlaufbahn.
Tuchel: Vielen Dank.

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