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Alice Weidel: „… außerhalb der Kernelite …“

WILD: Sehr geehrte Frau Weidel, vielen Dank dafür, dass Sie sich für dieses Interview bereit erklärt haben. Wir wollen auch gar nicht lange schwadronieren und stattdessen direkt zur Sache kommen.
Weidel: Gerne.
WILD: Frau Weidel, hören Sie privat die Zillertaler Türkenjäger oder doch eher Onkelz?
Weidel: Weder noch.
WILD: Sie meinen, Sie hören gleich die Originale aus den dreißiger und vierziger Jahren?
Weidel: Hrmmmphhhh . . . ich meine, ich höre solche Musik gar nicht.
WILD: Wieso? Sie stehen doch einer Partei vor, die sich erwiesenermaßen ewig gestrigem Gedankengut verschrieben hat.
Weidel: Naja, das schon. Allerdings beziehe zumindest ich mich nicht auf Adolf Nazi, sondern auf das Kaiserreich.
WILD: Sie meinen Wilhelm Zwo? Erläutern Sie das bitte näher.
Weidel: Na, in erster Linie zielt mein Flügel innerhalb der AfD ja auf eine Politik, wie sie vor 1914 bestanden hat. Da verdienten die obersten ein Prozent der Gesellschaft jede Menge Geld, während alle anderen kürzertraten.
WILD: Sie wollen also eine stark segmentierte Gesellschaft?
Weidel: Ja. In gewisserweiße sind ich und meine Gefolgsleute wie die preußischen Hochkonservativen, so wie sie bis 1945 agierten.
WILD: Wieso halten Sie dann aber an der deutschen Leitkultur fest und wettern gegen die Migranten?
Weidel: Weil man darüber Wählerstimmen generieren kann und man zudem die Arbeitnehmerschaft spaltet und gegeneinander aufbringt. So kommen die Menschen gar nicht dazu, die wirklich wichtigen Fragen zu stellen wie zum Beispiel, wie man sich gegenüber dem eigenen Arbeitgeber oder Vermieter durchsetzt kann.
WILD: Raffiniert! Sind Sie überhaupt echte Nationalistin? Wir meinen, Sie haben ja für Goldman Sachs gearbeitet, eine international tätige Investmentbank. Da müssten Sie doch eigentlich Kosmopolitin sein.
Weidel: Na, so leicht ist das nicht. Als gebürtige Deutsche stehe ich außerhalb der angelsächsichen Kernelite, denen ich mich immer anzupassen habe. Das stört mich, denn ich fühle mich herabgesetz. Deshalb setzte ich mich dafür ein, dass Deutschland wieder einen stärkeren Status in der Welt einnimmt. Damit ich meinen Kollegen auf Augenhöhe begegnen kann.
WILD: Sie handeln also aus eigensüchtigen Motiven?
Weidel: Natürlich. Ich denke sehr ungern an andere. Deshalb hat sich meine Partei auch gegen das EU-Lieferkettengesetz ausgesprochen.
WILD: Also jene Richtlinie, die das Los der Menschen im Globalen Süden nachhaltig verbessern soll.
Weidel: Sie sagen es.
WILD: Frau Weidel, wir danken Ihnen für dieses Interview.

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