WILD: Herr Merz. Vielen Dank dafür, dass Sie sich für uns Zeit nehmen.
Merz: Gerne doch. Stellen Sie Ihre Fragen.
WILD: Herr Merz, ihre Partei, die CDU, gibt vor, auf christlichen Werten zu beruhen. Daher reiben wir uns in der Redaktion verwundert die Augen über die Forderunge, die die Union aufstellt. Demontage des Sozialstaates, mehr Geld für Reiche, Waffenlieferungen an die Ukraine . . . was hat all dies mit Jesu Botschaft zu tun? Er predigte doch die Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit.
Merz: Gegenfrage. Was hat das Christentum mit Jesus zu tun?
WILD: Wie meinen Sie das?
Merz: Die Punkte aus der Botschaft Jesu, die Sie angeführt haben, stimmen. Aber wann haben die Kirchen je danach gehandelt? Was waren die Kreuzzüge? Was die Unterdrückung Andersdenkender? Die Hinwendung zu den Mächtigen? Nein, das Christentum ist das Ergebnis von Entwicklungen nach Jesu Kreuzestod, nicht seines Wirkens.
WILD: Wenn dem so ist, wie würden Sie die CDU charackterisieren?
Merz: Das ist eine Partei von Egoisten für Egoisten. Deshalb bin ich auch ihr Parteichef. In keiner Partei gibt es eine derartige Anhäufung von Karrieristen wie in der Union. Die FDP, das sind ja noch liberale Spinner. Die wollen die schrankenlose Offenheit der Wirtschaft. Als ob das ginge. Die Grünen, die wollen die Retter der Menschheit spielen. Pah! Die Linke und Wagenknecht, die glauben immerhin teilweise an den Sozialismus. Aber in der CDU? Nein, da finden sie keine Grundüberzeugungen als die der eigenen Karriere mehr.
WILD: Und die SPD?
Merz: He, he . . . zu den Sozen sage ich gar nichts mehr . . .
WILD: Herr Merz, wo würden Sie Putin politisch verorten? Der möchte doch die sozialistische Weltrevolution nach Europa tragen.
Merz: Putin? Ein Revolutionär? Das ich nicht lache! Seine Partei "Einiges Russlands" ist doch das russische Gegenstück zur Union. Triefend von Konservatismus, eigenem Ehrgeiz und Karriereleuten. Da gibt es keine Grundüberzeugungen außer der eigenen Laufbahn. Spechellecker halt. Da gibt es kein Aufmucken.
WILD: Wenn dem so ist, wieso geraten die CDU/CSU und "Einiges Russland" dann derart aneinander?
Merz: Weil Konservative keine Freunde haben und auch keine gemeinsamen Ziele. Sie ringen stattdessen miteinander um ihren Anteil am Kuchen.
WILD: Was für ein Kuchen?
Merz: Globales Buiseness und Anteile an der Machtverteilung. Und wir von der CDU kriechen ja seit 1945 den Amis in den Arsch. Und die dulden keine unabhägige russische Großmacht. Also tun wir das auch nicht.
WILD: Wir können das nicht glauben!
Merz: Wenn Sie wüssten, über wieviele Leichen zu gehen Politiker bereit sind . . .
WILD: Wir fragen da besser nicht nach und beenden an dieser Stelle das Interview. Herr Merz, vielen Dank für das Gespräch.
Merz: Dito.